Die Burnout-Klinik

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Titel vom Autor Udo Fröhlich, Veröffentlicht 2020

Inhalt

Worum geht es in „Die Burnout-Klinik“ ?

Wenn das Leben Deine Pläne ändert Nik fuhr ein geiles Auto; so ein fettes SUV. Das Haus war abbezahlt. So 2 bis 3 Urlaube pro Jahr waren drin und zusammen mit seiner Frau plante er bereits die Silberhochzeitsfeier. Das Verhältnis zu seinem erwachsenen Sohn war ohne stärkere Belastungen. Nik arbeitete hart und wurde sehr gut bezahlt. Seine Frau und er pflegten ihren langjährigen Freundeskreis. Nik empfand alles als total normal und war rundum zufrieden. Es war alles gut. Es lief bei ihm. Dachte er...

Leseproben

„Ich ziehe jetzt den Stecker!“ Das waren die Worte meines Hausarztes Dr. Leppner, nachdem ich zum dritten Mal in diesem Jahr seine Praxis aufsuchte, um ihm mitzuteilen, dass ich mich wieder nicht besonders gut fühlte. Eine präzisere Beschreibung meines Zustands oder genauere Erklärung meiner jeweiligen Verfassung war mir nicht möglich. Ich fühlte mich total schlapp. Zudem war ich müde. Gut, das hat jeder mal. Jeder schläft ab und zu schlecht. Ich war außerdem völlig unmotiviert. Okay, auch so etwas kommt vor, wenn es im Job nicht so richtig rund läuft. Aber bei mir war da zusätzlich etwas anderes. Abgesehen von meiner Müdigkeit fühlte ich mich zudem körperlich geschwächt; quasi zu erschöpft zum Arbeiten. Alles Quatsch! Ich fühlte mich schlichtweg beschissen! Ausgepowert! Luft raus! Platt! Nichts geht mehr! Game over!

„Ich treffe mich heute Abend mit einer Frau.“ Herr Böckler stutzte. „Das ging jetzt aber sehr schnell. Seit wann sind Sie getrrennt?“ Es war erst acht Wochen her, seitdem Karin ausgezogen war. Die Frage ignorierte ich daher mal gepflegt. Stattdessen gab ich vielmehr so etwas wie eine Rechtfertigung von mir: “Meine Psychiaterin hat mir dazu geraten, weil ich nicht allein sein kann.“ Nun lachte Böckler. „Ja, dann. Wenn Frau Doktor das sagt. Woher kennen Sie Ihre heutige Verabredung?“ Was fragte der so voller Neugier? „Aus dem Internet.“ Ich sah, wie sich sein Gesicht verzog. Möglicherweise dachte dieser konservative Knochen unmittelbar an irgendwelche Tittenseiten oder so. „Völlig solide und ungefährliche Partnerportale.“ Böckler entspannte sich wieder. Das einstündige Gespräch verlief weiter harmonisch und tat mir wirklich gut. Ich kotzte mich eine Weile über Firma Steigermann und insbesondere über Schnaller aus.

Der ganze Bereich strahlte das Flair eines Wartezimmers von einem kurz vor dem Ruhestand stehenden Proktologen aus. Gegenüber befand sich die Stationsanmeldung. Daher stellte ich mein Gepäck ab und klopfte vorsichtig an die Milchglastür. Dabei fiel mein Blick auf eine digitale Personenwaage, die direkt neben dieser Tür stand. Das Auffällige an dieser Wagge war wiederum, dass sie ein separates, verkabeltes Display hatte, welches für jedermann gut sichtbar an der Wand befestiugt war. Unter dem Display war ein schlichtes Regalbrett montiert, auf dem ein Kugelschreiber lag. Offenbar musste jeder sein Gewicht in irgendeine persönliche Tabelle eintragen, während alle im Wartebereich Sitzenden das Gewicht vom Display mitlasen. Das war bestimmt ab und zu etwas peinlich. Ich dachte verstärkt an die Adipositas-Patienten. Das Display fing dann hell an zu blinken und gab akustische Signale von sich. „Highscore! Tagesrekord!“ Ich war wieder gedanklich ausgesprochen gemein unterwegs.